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mp Groß-Gerau - Prof. Dr. Hemmen Sabir ist Forscher am DZNE und Oberarzt in der Abteilung Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin des Uniklinikums Bonn. UKB

Koffein gegen Sauerstoffmangel-Schäden bei Neugeborenen

Hirnschädigungen durch Sauerstoffmangel bei der Geburt zählen weltweit zu den Haupttodesursachen bei Neugeborenen. Im Kleintiermodell haben Forscher des Universitätsklinikums Bonn (UKB) eine Behandlung mit 25 verschiedenen Wirkstoffen getestet.


Hirnschädigungen durch Sauerstoffmangel bei der Geburt zählen weltweit zu den Haupttodesursachen bei Neugeborenen. Im Kleintiermodell haben Forscher des Universitätsklinikums Bonn (UKB) und des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) eine Behandlung mit 25 verschiedenen Wirkstoffen getestet. Sieben Substanzen erwiesen sich dabei als wirkungsvoller als die Standardtherapie der künstlichen Kühlung: Am besten schnitt Koffein ab.

Kinder, die unter Sauerstoffmangel geboren werden, müssen umgehend behandelt werden, denn diese Situation schädigt das Gehirn und bedeutet akute Lebensgefahr. Hierzulande sind solche Komplikation zwar selten, auf globaler Ebene ist Sauerstoffmangel bei der Geburt jedoch eine der Haupttodesursachen bei Neugeborenen. Weltweit versterben eine Million Neugeborene pro Jahr daran. Um dem entgegenzuwirken, wird seit einigen Jahren die sogenannte therapeutische Hypothermie eingesetzt.

Die Körpertemperatur der Neugeborenen wird dabei für mehrere Tage auf rund 33 Grad Celsius abgesenkt und danach allmählich wieder erhöht. "Durch die Abkühlung verlangsamt sich der Stoffwechsel und man gibt dem Gehirn die Möglichkeit zur Regeneration. Das erhöht die Überlebenschancen und senkt das Risiko für Spätfolgen", erläutert Prof. Dr. Hemmen Sabir. Der Wissenschaftler und Mediziner ist Forschungsgruppenleiter am DZNE und Oberarzt in der Abteilung Neonatologie und Pädiatrische Intensivmedizin des UKB.

"In den Industrienationen ist das Verfahren zwar etabliert, allerdings profitieren rund 40 Prozent der behandelten Kinder nicht davon", berichtet Sabir. Und in Entwicklungsländern sei die Erfolgsquote noch viel geringer. Die Ursachen dafür seien nicht ganz klar, könnten aber damit zusammenhängen, dass die Neugeborenen dort aufgrund des gesundheitlichen Zustands ihrer Mütter und möglicherweise unbemerkten Infektionen schlechtere Voraussetzungen hätten als in den Industrieländern. Angesichts dessen bestehe dringender Bedarf an alternativen Therapien. "Genau da hat unsere Studie angesetzt."

Als erfolgversprechend erweist sich in Tierversuchen die Gabe von Koffein: Sieben Tage nach dem Sauerstoffmangel wurden die Gehirne der Tiere auf Schäden untersucht. "Die Behandlung mit Koffein war am effektivsten, der Verlust an Hirnsubstanz in diesem Fall am geringsten und auch deutlich niedriger als bei der Kühlungstherapie", sagt Sabir. Von Koffein wisse man, dass es entzündungshemmend wirke.

Die Studie soll belegen, dass Koffein auch extrem nervenschützend ist. Sechs weitere Wirkstoffe schnitten ebenfalls besser ab als die Standardtherapie. Dazu gehören unter anderem das Hormon Melatonin, ein Gichtmittel, ein Wirkstoff gegen Allergien und Fischöl. Unter den insgesamt sieben besonders wirksamen Mitteln sind sowohl solche, die bereits vor dem Sauerstoffmangel verabreicht wurden - wie etwa Koffein -, als auch solche, deren Anwendung erst danach geschah.

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