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wid Groß-Gerau - Aktuell dürfte das Urlaubsgeld bei vielen Arbeitnehmern ein willkommener Puffer sein, um die hohen Belastungen durch die gestiegenen Lebenshaltungskosten zu tragen. Raten-Kauf / pixabay.com

Urlaubsgeld nur für 47 Prozent der Beschäftigten

In den Genuss von Urlaubsgeld kommt nicht einmal die Hälfte aller deutschlandweit in der Privatwirtschaft Beschäftigten.


In den Genuss von Urlaubsgeld kommt nicht einmal die Hälfte aller deutschlandweit in der Privatwirtschaft Beschäftigten. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Online-Befragung des Internet-Portals Lohnspiegel.de, das vom Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Institut (WSI) der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung betreut wird.

Ob Beschäftigte Urlaubsgeld erhalten oder nicht, hängt von mehreren Faktoren ab. Der mit Abstand wichtigste ist die Tarifbindung. So erhalten 74 Prozent der Beschäftigten in tarifgebundenen Unternehmen der Privatwirtschaft Urlaubsgeld, gegenüber nur 35 Prozent der Beschäftigten in Unternehmen ohne Tarifvertrag.

In Ostdeutschland wird nach wie vor deutlich seltener Urlaubsgeld gezahlt als in Westdeutschland. Während im Osten 34 Prozent der Beschäftigten Urlaubsgeld erhalten, sind es im Westen 49 Prozent. Dieser Unterschied ist in erster Linie auf die deutlich geringere Tarifbindung im Osten Deutschlands zurückzuführen. Nach den Ergebnissen des IAB-Betriebspanels arbeiteten 2021 in Westdeutschland 54 Prozent der Beschäftigten in Betrieben mit Tarifvertrag. In Ostdeutschland waren es nur 45 Prozent.

Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Größe des Unternehmens. Denn die Wahrscheinlichkeit, Urlaubsgeld zu erhalten, steigt mit zunehmender Beschäftigtenzahl an. Auch hier besteht eine enge Korrelation mit der Tarifbindung, da in großen Unternehmen häufiger ein Tarifvertrag gilt. Auch bei den Geschlechtern zeigen sich deutliche Unterschiede: Während die Hälfte aller Männer (50 Prozent) in Betrieben arbeiten, die ein Urlaubsgeld zahlen, erhalten nur 41 Prozent der Frauen eine entsprechende Sonderzahlung.

Schließlich hängt die Wahrscheinlichkeit, Urlaubsgeld zu erhalten, auch mit der Höhe des monatlichen Verdienstes zusammen. Von den Beschäftigten mit einem niedrigen Bruttomonatslohn von weniger als 2.300 Euro erhalten nur 38 Prozent Urlaubsgeld. In den darüberliegenden Gruppen mit einem Monatsverdienst zwischen 2.300 und 4.000 Euro sowie von mehr als 4.000 Euro sind es hingegen 48 bzw. 50 Prozent. Auch in dieser Hinsicht besteht ein enger Zusammenhang mit der Tarifbindung, da Befragte aus dem Niedriglohnsektor deutlich seltener nach Tarif bezahlt werden.

"Ursprünglich war das seit den 1960er Jahren in vielen Branchen eingeführte tarifvertragliche Urlaubsgeld dafür gedacht, um mehr Beschäftigten einen Jahresurlaub zu ermöglichen", sagt der Leiter des WSI-Tarifarchivs, Prof. Dr. Thorsten Schulten. "Aktuell dürfte das Urlaubsgeld hingegen bei vielen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern eher ein willkommener Puffer sein, um die hohen Belastungen durch die stark gestiegenen Lebenshaltungskosten zu tragen." Umso schlimmer sei es, dass die Beschäftigten im Niedriglohnsektor einmal mehr zu den Verlierern gehörten, da sie deutlich seltener in Unternehmen mit Tarifvertrag arbeiten und deshalb auch zumeist beim Urlaubsgeld leer ausgehen würden.

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