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mp Groß-Gerau - Von einer Demenz in jüngeren Jahren spricht man, wenn die ersten Symptome vor dem 65. Lebensjahr auftreten. geralt / pixabay.com

Demenz auch bei jungen Menschen möglich

Bei Alzheimer oder anderen dementiellen Erkrankungen denken viele an ältere Menschen. Dass auch Jüngere erkranken können, ist oft nicht bekannt.


Bei Alzheimer oder anderen dementiellen Erkrankungen denken viele an ältere Menschen. Dass auch Jüngere erkranken können, ist oft nicht bekannt. Für Betroffene und ihre Familien bringt eine frühe Demenz besonders viel Leid und schwerwiegende Probleme mit sich.

Von einer Demenz in jüngeren Jahren spricht man, wenn die ersten Symptome vor dem 65. Lebensjahr auftreten. Schätzungen zufolge betrifft das einen von 1000 Menschen im Alter zwischen 45 und 65 Jahren. Anlässlich des Welt-Alzheimertages am 21. September informiert die gemeinnützige Alzheimer Forschung Initiative (AFI) über die Situation und besonderen Herausforderungen von jungen Demenzerkrankten.

"Im Prinzip können alle Demenzformen früh auftreten", sagt Prof. Kathrin Finke, Psychologische Leiterin des Gedächtniszentrums am Universitätsklinikum Jena und Mitglied des Wissenschaftlichen Beirates der AFI. "Dazu gehören die klassischen neurodegenerativen Erkrankungen wie Alzheimer-Demenz oder die Frontotemporale Demenz", berichtet die Expertin. "Dabei sterben die Nervenzellen im Gehirn nach und nach ab." Aber auch eine zu geringe Sauerstoffversorgung des Gehirns, zum Beispiel durch frühe Schlaganfälle, könnten Ursache einer Demenz sein. Genetische Faktoren spielten bei frühen Demenzen generell eine größere Rolle als bei denen, die später auftreten.

Fallbeispiel: Bei Martin M. (62) wurde Anfang 2022 eine Alzheimer-Demenz diagnostiziert. Erste Symptome waren seiner Frau Eva aber schon Jahre früher aufgefallen. "Das kam schleichend; er war schon immer der zerstreute Professor", sagt sie. "Dann wurde die Vergesslichkeit schlimmer, seine Mimik und seine Körpersprache wurden irgendwie anders und in seinen Seminaren konnte er die Inhalte nur noch stakkatoartig vortragen." Zuerst dachte sie, das liege an seiner Depression, deswegen war er auch in psychiatrischer Behandlung, berichtet Eva M.

Die Diagnose sei dann erst über viele Umwege zustande gekommen. "Als ich irgendwann endlich mal den Mut und die richtigen Worte gefunden hatte, habe ich einem befreundeten Neurologen unsere Situation geschildert." Der hätte dann dringend empfohlen, das richtig abklären zu lassen.

Dass eine Demenz bei jüngeren Patientinnen und Patienten erst spät erkannt wird, ist nicht ungewöhnlich. "Es kann zwei bis vier Jahre dauern, bis jemand zum Facharzt kommt und die entsprechenden Untersuchungen gemacht werden", weiß Dr. Michael Lorrain aus seiner langjährigen Praxis als niedergelassener Nervenarzt in Düsseldorf. "Mit 55 oder 60 Jahren denkt man bei Vergesslichkeit nicht unbedingt an Demenz." Und in der Medizin sei es so: Man findet nur das, was man sucht. Wie bei Martin M. würden bei jüngeren Patienten zunächst häufig andere Erkrankungen vermutet, wie zum Beispiel Depressionen oder Burnout.

Eva M. trägt mittlerweile die alleinige Verantwortung für die Familie, den Haushalt und die Finanzen. Das Zentrum sei nun sie geworden. Die Kinder brauchen mit 14 und 17 Jahren noch Unterstützung. "Ich gehe 30 Stunden arbeiten und habe den Anspruch, dass wir ausgewogen essen", sagt Eva M. Dann komme natürlich noch die psychische Belastung dazu und die Rollenverschiebung in der Partnerschaft. "Das ist alles schon sehr viel." Und natürlich sei das auch schwer für ihren Mann.

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