Grüner Strom: Anspruch und Wirklichkeit

Die Deutschen wollen sauberen Strom - soweit die Theorie. In der Praxis aber weiß die Mehrheit der Energiekunden laut einer Umfrage überhaupt nicht, welche Art Strom sie beziehen und woher er stammt.


Die Deutschen wollen sauberen Strom - soweit die Theorie. In der Praxis aber wissen sechs von zehn deutschen Energiekunden überhaupt nicht, welche Art Strom sie beziehen und woher er stammt. Das brachte nun der "Energiereport Deutschland" der Gesellschaft für Konsumforschung im Auftrag von BayWa r.e. renewable energy GmbH zutage.

Wenn die Bundesbürger frei wählen könnten, würde sich eine große Mehrheit von 77 Prozent für Erneuerbare Energie entscheiden. Der Energiereport zeigt, dass die Sonne mit 37 Prozent der mit Abstand beliebteste Energie-Lieferant ist, gefolgt von Wind mit 26 Prozent, Wasser mit 11 Prozent und Erdgas mit 9 Prozent. Im Gegensatz dazu ist die Anhängerschaft von Atom- bzw. Kernkraft mit 5 Prozent sowie Braun- oder Steinkohle mit 3 Prozent verschwindend gering.

Die Studie macht jedoch zugleich deutlich, dass Wunsch und Wirklichkeit derzeit noch weit auseinander klaffen: Während drei von vier Deutschen Strom aus Erneuerbaren Energien vorziehen, verharrt der gleiche Anteil noch immer in Verträgen für Strom aus überwiegend konventionellen Quellen. Eine besondere Rolle spielt auch die Herkunft der Energie: 55 Prozent der Deutschen stufen dieses Kriterium als wichtig bis sehr wichtig ein, 76 Prozent wünschen sich, dass ihr Strom ausschließlich in Deutschland produziert wird.

Ein weiteres Ergebnis: 71 Prozent der Befragten erachten Nachhaltigkeit als wichtiges oder sehr wichtiges Kriterium bei der Wahl des Stromanbieters. Auch die individuellen Wahl- und Kombinationsmöglichkeiten der regenerativen Energiequellen gewinnen an Bedeutung. So halten 36 Prozent aller Befragten die Möglichkeit, den Strom individuell zusammenzustellen, für wichtig bis sehr wichtig bei der Wahl des Anbieters.

"Der Energiereport zeigt, dass Nachhaltigkeit mittlerweile im gesellschaftlichen Mainstream angekommen ist. Die zunehmende Digitalisierung ermöglicht dem Verbraucher zudem mehr Transparenz, eine neue Mitmach- und Beteiligungskultur sowie stärkere Individualität", sagt Matthias Taft, Energievorstand der BayWa AG. Die Tatsache, dass viele Verbraucher noch immer nicht wissen, woher ihre Energie eigentlich stammt, sei ein Auftrag an die Energie-Branche und andere gesellschaftliche Akteure, hier noch mehr Aufklärungsarbeit zu leisten", so

Ein differenziertes Meinungsbild liefert der Energiereport hinsichtlich der Einstellung zum Thema Energiewende. 77 Prozent der Bundesbürger halten die Idee für sinnvoll. Jedoch zweifeln die Deutschen an der erfolgreichen Umsetzung des Vorhabens: Nur 58 Prozent glauben, dass die Energiewende tatsächlich gelingt, 27 Prozent sind skeptisch und immerhin 15 Prozent halten ein Scheitern für wahrscheinlich. Zugleich wartet der Energiereport aber auch mit einem erfreulichen Ergebnis für das Großprojekt auf: Wenn es um die eigenen vier Wände geht, möchten 62 Prozent der Deutschen einen eigenen Beitrag zur Energiewende leisten.

"Ein Großteil der Befragten ist durchaus bereit, durch den Wechsel des Energieversorgers und die bewusste Nutzung regenerativer Energiequellen einen eigenen Beitrag zur Energiewende zu leisten", sagt Prof. Dr. Volker Quaschning, Energieexperte von der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Berlin. Die Bürger haben laut dem Experten zudem auch sehr konkrete Vorstellungen, was ein neuer Anbieter leisten soll. Der Preis spielt zwar noch immer die wichtigste Rolle, doch Aspekte wie Nachhaltigkeit oder Transparenz hätten für einen großen Teil der Bevölkerung ebenfalls einen sehr hohen Stellenwert. (vm/en-wid)

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