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mid Groß-Gerau - Die Europäische Zentralbank (EZB) mit Sitz in Frankfurt am Main lockert die Geldpolitik. pixabay.com

Inflationziel der EZB mit "blindem Fleck"

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat eine Feinjustierung beim Inflationsziel unternommen. Lag es ursprünglich bei 1,9, wird es nun auf zwei Prozent angehoben. Zudem soll eine 'moderate' Überschreitung zulässig sein. Die Meinungen darüber gehen stark auseinander.


Die Europäische Zentralbank (EZB) hat eine Feinjustierung beim Inflationsziel unternommen. Lag es ursprünglich bei 1,9, wird es nun auf zwei Prozent angehoben. Zudem soll eine "moderate" Überschreitung zulässig sein. Die Meinungen darüber gehen stark auseinander.

Konservative Ökonomen sehen den Sparer nun in Gefahr. Doch Vertreter einer modernen Geldtheorie, die ursprünglich von einer jungen US-amerikanischer Ökonomen-Generation unter dem Namen "Modern Monetary Theory" (MMT) ausgeht, begrüßen die Entscheidung und verweisen auf gesamtwirtschaftliche Zusammenhänge.

"Das neue Inflationsziel verschafft der EZB Freiheiten, um an der expansiven Geldpolitik festzuhalten", sagt der Betriebs- und Volkswirt Maurice Höfgen, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bundestag und Anhänger der MMT. "Das ist gut, denn sonst müsste die EZB wegen der zeitweisen höheren Inflationsrate bald die Handbremse ziehen." Das sei aber das Letzte, was die krisengeschüttelte Eurozone jetzt brauche.

Wer sich im Namen der Sparer über die Vollgas-Politik der EZB echauffiert, der sollte nicht dazu schweigen, dass die Fiskalpolitik der Eurozone seit Jahren im Leerlauf unterwegs ist", sagt Höfgen dem Wirtschafts-Informations-Dienst (wid). Um die Wirtschaft anzukurbeln, brauche es eine kräftige Investitionsoffensive. Das sei den meisten Euroländern nicht möglich, weil die europäischen Fiskalregeln den Finanzministern die Hände in Ketten legten.

Das Inflationsziel der EZB habe aber weiterhin einen "blinden Fleck", sagt der Ökonom. Denn die EZB schaue nur auf die durchschnittliche Inflation über alle Euroländer und beachte nicht, ob jedes Land das Ziel erreiche.

"Jeder weiß: Der Durchschnitt ist das Leichentuch der Statistik." Deutschlands Inflation war lange viel niedriger als die italienische, die spanische und die französische. Dadurch wurden die deutschen Exportgüter im Vergleich immer günstiger und wettbewerbsfähiger - auf Kosten der Nachbarländer. "Das ist der zentrale Grund für die extremen Handelsungleichgewichte zwischen den Euroländern und den Exportmeistertitel für Deutschland." Leider schenke die EZB dem bis heute kaum Beachtung.

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