US-Subventionen als Chance für Europa
Den in der Kritik stehenden Inflation Reduction Act (IRA) der USA sieht Marcel Fratzscher, Direktor des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin, als günstige Gelegenheit für Europa.
Den in der Kritik stehenden Inflation Reduction Act (IRA) der USA sieht Marcel Fratzscher, Direktor des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) Berlin, als günstige Gelegenheit für Europa. Was hierzulande viele als Bedrohung betrachten, könnte laut Fratzscher im doppelten Sinne die beste Botschaft sowohl für den globalen Schutz von Klima und Umwelt als auch für die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen und deutschen Wirtschaft sein - wenn EU und Bundesregierung richtig reagieren.
"Das dominante Narrativ in Deutschland mit Blick auf den IRA zeigt deprimierend klar, dass wir noch immer nicht die Dringlichkeit beim Klima- und Umweltschutz verstanden haben", schreibt Fratzscher in seinem Blog. "Denn das IRA-Programm wird einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung neuer nachhaltiger Technologien und einer leistungsfähigen Infrastruktur leisten." Die Ablehnung Europas, und vor allem der deutschen Industrie, beruhe auf dem Argument, der IRA schade der Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen in Europa und würde dazu führen, dass Innovationen und die Entwicklung nachhaltiger Technologien in die USA verlagert würden. "Dem Klima ist es jedoch egal, wo in der Welt eine klimaschonende Technologie entsteht."
Der IRA sei aus zwei Gründen eine sehr gute Entwicklung für Deutschland und Europa: Zum Ersten, weil das Programm helfe, Klima und Umwelt zu schützen und es deutlich besser sei, als nichts zu tun. Das Programm enthalte zahlreiche gute und häufig in der Diskussion hierzulande vergessene Elemente: "Es schafft große Anreize für private Investitionen - statt hauptsächlich den Staat in der Pflicht zu sehen - und setzt sinnvolle Bedingungen für staatliche Steuererleichterungen, beispielsweise eine Ausbildungs- und Qualifizierungsoffensive der Unternehmen", erklärt der Professor für Ökonomie.
Zweitens sei der IRA gut für Europa, weil das Investitionsprogramm Fehler und Schwächen enthalte, die Europa die Chance geben, es besser zu machen und dadurch sogar an Wettbewerbsfähigkeit zu gewinnen. Denn der IRA sei hoch protektionistisch und benachteilige ausländische Unternehmen enorm, was sich zwar kurzfristig für in den USA beheimatete Unternehmen rechnen könnte, langfristig jedoch - das würden viele Studien zeigen - schade ein solcher Protektionismus und behindere Innovation und Wettbewerbsfähigkeit.
"Zum anderen sind manche Bedingungen des IRA für staatliche Subventionen, wie der Anteil lokal produzierter Vorleistungen, unrealistisch hoch." Wie eine neue Studie des DIW Berlin zeigt, ist die USA bei zahlreichen grünen Technologien viel zu abhängig von Rohstoffen und anderen Vorleistungen aus Ländern, mit denen die USA keinerlei Handelsabkommen haben. "Somit müssen sich ausländische Unternehmen zumindest kurzfristig wenig Sorgen machen, ihr US-Geschäft einzubüßen", sagt Fratzscher. "Die Politik in Europa sollte sich nicht zu leicht von den Warnungen ihrer Unternehmen einschüchtern lassen." Zudem hätten Deutschland und Europa ähnliche industriepolitische Förderinstrumente.



