Arzttermine online buchen: Servicesegen oder Datenkrake?
Plattformen, die eine Terminvereinbarung beim Arzt online regeln, erscheinen wie ein Segen. Der Rechtsschutzversicherer ARAG klärt über Doctolib & Co. auf und mahnt dabei durchaus auch zur Vorsicht.
Plattformen, die eine Terminvereinbarung beim Arzt online regeln, erscheinen wie ein Segen. Der Rechtsschutzversicherer ARAG klärt über Doctolib & Co. auf und mahnt dabei durchaus auch zur Vorsicht.
Worum genau geht es bei Online-Portalen wie beispielsweise Doctolib?
Tobias Klingelhöfer: Einer der Vorteile dieser Internetdienste - neben Doctolib sind weitere Anbieter wie etwa Jameda, Samedi oder Doctena auf dem Markt - ist das Angebot freier Termine. Da dieser Service auch als App angeboten wird, die man auf sein Smartphone laden kann, ist der Vorgang also maximal vereinfacht. Insgesamt geht es bei den Plattformen aber um mehr. So können zum Beispiel auch Unterlagen hochgeladen und hinterlegt werden, die den Ärzten vorab Einblick und den Austausch mit Kollegen bieten. Es können Rezepte angefragt und Informationen über den Arzt eingeholt werden, es gibt eine Erinnerungsfunktion an Termine und manche Portale bieten auch die Möglichkeit zur Bewertung der ärztlichen Dienstleistung. All das kann das Miteinander zwischen Arzt und Patient vereinfachen.
Was sind dabei die Nachteile für den Patienten?
Tobias Klingelhöfer: Das Hauptproblem liegt auf der Hand. Leider gehen die Portale mit den sensiblen Daten des Patienten nicht immer entsprechend sensibel um. So wird bei manchen Portalen der Termin nicht nur über den Namen vereinbart, sondern setzt eine Registrierung im Portal voraus. Dabei werden bereits gleich das Geburtsdatum, E-Mail-Adresse und Telefonnummer abgespeichert, zum Teil ohne jede Verschlüsselung. In Zusammenhang mit dem gewählten Fachgebiet des Arztes bildet sich so schon ein Profil aus Nutzerdaten. Was den meisten aber nicht klar ist: Mit der Registrierung auf einem Portal gehen sie einen Vertrag mit dem Anbieter ein, der diesem unter Umständen sehr viele Rechte einräumt.
Wonach entscheiden Ärzte, ob sie die Nutzung der Portale anbieten?
Tobias Klingelhöfer: Während die Ärzte selbst in ihren Praxen gesetzlich dazu verpflichtet sind, hohe Standards einzuhalten, stoßen sie bei den Plattformen auf weniger weitreichende Sicherheit und teils unzureichende Datenschutzerklärungen. Abgesehen von ethischen Grundsätzen können sie sich, sobald sie selbst die Nutzung der Portale für ihre Patienten anbieten, nicht von der Verantwortung freisprechen. Vielmehr hängen sie ab dem Moment, in dem sie sich als Praxis registrieren, tief mit in dem System. Selbst wenn sie selbst keine Informationen über ihren Patienten einstellen, erhalten sie aber zwangsweise Zugang zu allem, was der Patient selbst hochgeladen hat. Und damit sind sie laut der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) auch Auftragsverarbeiter und verpflichtet, Schutzgarantien abzugeben, die sie in diesem Moment eigentlich gar nicht mehr leisten können, weil sie nicht in ihrer Hand liegen. Rein rechtlich tatsächlich eine heikle Situation.
Was würden Sie Patienten raten?
Tobias Klingelhöfer: Das A und O ist bei fast jedem Besuch im Internet das eigene Bewusstsein dafür, dass wir immer Daten preisgeben und Nutzungsrechte abgeben; dies gilt vor allem aber bei der Nutzung von Plattformen, die eine Registrierung verlangen. Erst recht, wenn es sich um den eigenen Gesundheitszustand dreht, ist Vorsicht geboten. Vom Hochladen von Berichten und Befunden ebenso wie vom Nachrichtenaustausch sensibler Themen ist bei den meisten Plattformen definitiv abzuraten, wenn man Wert auf Datenschutz legt. Dieser ist aktuell nicht überall durchgehend gewährleistet.