img
mp Groß-Gerau - Immer mehr Jugendliche zwischen 12 und 17 Jahren leiden an Essstörungen. KHH

Die Macht der Beauty-Filter: Magersucht durch Social Media

Immer mehr Jugendliche leiden laut Daten der KKH Kaufmännische Krankenkasse unter Essstörungen. Laut KKH-Hochrechnung dürften bundesweit mittlerweile etwa 50.000 Jugendliche im Alter von zwölf bis 17 Jahren betroffen sein. 79 Prozent davon sind Mädchen und junge Frauen.


Immer mehr Jugendliche leiden laut Daten der KKH Kaufmännische Krankenkasse unter Essstörungen. Laut KKH-Hochrechnung dürften bundesweit mittlerweile etwa 50.000 Jugendliche im Alter von zwölf bis 17 Jahren betroffen sein. 79 Prozent davon sind Mädchen und junge Frauen. Die Dunkelziffer ist hoch, denn die Daten bilden nur ärztlich diagnostizierte Fälle ab.

Experten unterscheiden drei Hauptformen von Essstörungen: Bei der Magersucht (Anorexia nervosa) hungern die Menschen bis hin zu einem lebensbedrohlichen Untergewicht, getrieben von der Angst vor einem zu dicken Körper. Bei der Ess-Brech-Sucht (Bulimia nervosa), verspüren die Betroffene einen starken Zwang, ihr Körpergewicht zu kontrollieren und erbrechen nach Essattacken oder missbrauchen Abführmittel, um nicht zuzunehmen. Die Binge-Eating-Störung geht mit wiederkehrenden, unkontrollierbaren Essattacken einher und führt zu starkem Übergewicht oder gar Fettsucht.

Essstörungen sind ein vornehmlich weibliches Phänomen. Die Krankheit beginnt meistens in der Pubertät. Mädchen kommen immer früher in diese Entwicklungsphase, weshalb auch Essstörungen zunehmend eher auftreten. Mädchen beschäftigen sich zudem mehr mit sich selbst als Jungen, sind empfindsamer für Kontrollverluste, spüren einen höheren Druck, Schönheitsidealen zu entsprechen. Außerdem ist für sie die Eigenwirkung im Netz ein größeres Thema als für Jungen, wie eine forsa-Umfrage im Auftrag der KKH bereits belegt hat: Demnach nutzen mehr Mädchen das Smartphone zur Selbstdarstellung in den sozialen Medien als Jungen (28 zu 16 Prozent). Eine Rolle spielen da auch Social-Media-Plattformen wie Instagram, TikTok & Co. und die Schönheitsfilter, die man dort über das eigene Gesicht legen kann.

Der Boom dieser vermeintlich perfekten Selfies und Videoclips zeichnet ein unrealistisches und gefährliches Körperideal. "Solche Vorbilder können die Unzufriedenheit mit dem eigenen Leben und auch dem eigenen Körper forcieren. Das kann die Entwicklung eines gestörten Essverhaltens begünstigen, vor allem, wenn Jugendliche bereits unter psychischen Problemen leiden oder einen geringen Selbstwert haben", erläutert Klemm.

Haben Betroffene erst einmal eine Essstörung entwickelt, ist es mit einfachen Ratschlägen nicht getan. Denn Bulimie und Magersucht sind schwere psychische Erkrankungen, die häufig mit Angststörungen, Depressionen, selbstverletzendem Verhalten oder Suchterkrankungen einhergehen. Angehörige und Freunde sollten bei Verdacht auf typische Symptome achten: auf eine allgemein gereizte oder gedrückte Stimmung, sozialen Rückzug und Gewichtsveränderungen sowie auf auffälliges Essverhalten (u. a. Diät als Dauerzustand, eingeschränkte Nahrungsauswahl, Verzehr großer Mengen), Erbrechen, Einnahme von Abführmitteln, exzessiven Sport.

Alarmzeichen sind auch, wenn Kinder und Jugendliche unverhältnismäßig viel Aufwand für das eigene Aussehen betreiben, geliebte Hobbys plötzlich aufgeben und sich vor allem mit Selfies in Szene setzen. "Den Betroffenen fällt es allerdings oft schwer sich einzugestehen, dass sie Hilfe benötigen. Dies ist aber ein ganz wichtiger Schritt für die Genesung", betont Franziska Klemm.

Oft fällt es leichter, sich gegenüber anderen Menschen mit ähnlichen Erfahrungen zu öffnen. Deshalb hat die KKH zusammen mit zahlreichen Partnern den Blog InCogito initiiert, in dem 16- bis 24-Jährige über Essstörungen und alles andere, was sie beschäftigt, schreiben können - ehrlich und ohne Weichzeichner.

STARTSEITE